Punkhouse

Punkhouse-Aufkleber, Berlin 1977 

© Franz Antesberger

Es waren aufregende Zeiten des Aufbruchs im damaligen West-Berlin.

Aus einem extrem kleinen Laden am Lehniner Platz wurde 1977 das Punkhouse (neben dem Athener Grill) eröffnet. Ich hatte damals meinen Job im Sound in der Genthiner Str. auslaufen lassen, auch weil es dem damaligen Chef nicht passte, dass ich zwischen der üblichen Sound-Musik auch mal die Dead Boys, Ramones, The Clash, Mink De Ville u. a. einbaute.

Dann betrat ich das Punkhouse und hörte Refrains wie „I Can’t Stop To Mess Around, I Got A Brand New Rose In Town“, “Don’t Know What I Want, But I Know How To Get It“, “Blitzkrieg Bop“  und “It’s Just Like Watching The Detectives“. Und viele Songs (meistens sehr kurze) begannen mit einem schnellen “One-Two-Three-Four“. Hier wollte ich unbedingt auflegen!! Neben den Damned, den Sex Pistols, den Ramones und Elvis Costello legten wir (Norbert Bode, Ralf Rachner, ich u. a.) The Clash, The Stooges, MC5, Johnny Moped, Adverts, Motörhead, Skrewdriver, Dr. Feelgood, Buzzcocks, Devo, Dr. Feelgood, The 101’ers, The Vibrators, Madness, The Count Bishops, Eddie And The Hot Rods, The

Specials, Wreckless Eric, Joy Division, The Boomtown Rats, Tenpole Tudor, The Flaming Groovies, Slaughter And The Dogs, viele weitere 77er und 78er UK-Bands, 60er

US-Garage-Rock, Rock’n’Roll und Rock-A-Billy auf. 

Auf den verteilten Werbe-Stickern für das Punkhouse stand der Spruch “Mach dir ein paar miese Stunden – Punkhouse“. Der Haus-Eigentümer, Disco-Papst Rolf S. Eden, hatte seinen Club dort geschlossen und kurzerhand verpachtet. Wir haben ihn nie zu Gesicht bekommen – war vielleicht auch besser so. Franz Antesberger war der Pächter und wollte sich einen Stück vom Punk-Kuchen abschneiden. Trotz der kleinen Grundfläche gab es dort auch Live-Konzerte. Ich kann mich noch an grandiose Gigs von PVC vor 30 bis 50 Leuten erinnern – mehr gingen ja auch kaum in den Laden hinein.

Das Punkhouse entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zum Treffpunkt einer explodierenden Westberliner Punkszene. Einer der ersten  Kellner, der im Punkhouse arbeitete, war Mark Eins (später Din A Testbild). Viele der tanzenden und zuckenden Jungpunks stammten aus sogenanntem guten Hause und und teilten mit Rockern und einigen prominenten Gästen wie Iggy Pop, David Bowie, Campino (damals noch ZK), Debbie Harry (Blondie), Mark Reeder und Jäki Eldorado die Liebe zur schnellen und lauten Musik.

Am 2. September 1978 war das Punkhouse schon wieder Geschichte und die Szene verteilte sich anderweitig, z. B. im Shizzo in der Schöneberger Hauptstr. (mit der großen Bärenpilz-Werbung) und natürlich im S.O.36. Noch später folgten die Music Hall in Friedenau und das Loft am Nollendorfplatz – beide betrieben von der unvergleichlichen und wunderbaren Veranstalterlegende Monika Döring.

© Burghard Rausch (Radio-DJ, Musiker, Autor), 2020